Wenn Menschen unterschiedliche Standpunkte zu einem Thema besitzen, können sich Gesprächssituationen leicht festfahren. Egal ob es sich dabei um eine größere Besprechungsrunde oder um ein 4-Augengespräch handelt. Der Kollege beharrt dann auf seinem Standpunkt, die Mitarbeiterin lässt sich für das neue Projekt partout nicht begeistern oder der Kunde besteht auf seinem vermeintlichen Recht. Jeder versucht aus seiner Position heraus, den anderen zu überzeugen, die Argumente bleiben jedoch die gleichen und das Ergebnis ist insgesamt für alle Beteiligten unbefriedigend.

Im schlimmsten Fall kann das jeweilige Beharren auf dem eigenen Standpunkt einem Mikadospiel ähneln: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Bewegung wäre jedoch genau das, was in einer solchen Situation notwendig wäre. Mentale Bewegung, anstatt sich immer tiefer in die eigene Argumentation hineinzubohren.

In schwierigen oder auch festgefahrenen Kommunikationssituationen gibt es – neben den verschiedenen, fachlichen Standpunkten – mindestens drei Perspektiven, die unabhängig vom eigentlichen Gesprächsthema eingenommen werden können: Die eigene Perspektive, die Perspektive des Gesprächspartners und eine neutrale Gesprächsperspektive.

Diese verschiedenen Perspektiven lassen sich sehr gut anhand einer konkreten Gesprächssituation erfahren. Gab es in der Vergangenheit eine Situation, in der Sie den Eindruck hatten, dass das Gespräch aufgrund unterschiedlicher Meinungen regelrecht feststeckte und eine befriedigende Lösung in weiter Ferne zu liegen schien? Welche Argumente brachten Sie vor, welche Ihr Gesprächspartner? Welche Standpunkte erschienen Ihnen unvereinbar? Welche Emotionen erzeugte das Gespräch in Ihnen? Wut, Aggressivität, Ohnmacht oder Verzweiflung? Diesen eigenen Blickwinkel erlebt man meistens sehr bewusst. Nennen wir ihn Position 1.

Was aber, wenn man sich gedanklich aus der eigenen Perspektive heraus in die Vorstellungswelt des Gesprächspartners versetzen würde, inklusive aller seiner Erfahrungen, Überzeugungen und Werte? Auf den ersten Blick erscheint die Vorstellung, sich in die Gedankenwelt desjenigen Menschen, mit dem man heftig diskutiert, hineinzuversetzen, als wenig erstrebenswert. Den eigenen Standpunkt jedoch gelegentlich auch einmal zu verlassen, um die Welt aus den Augen seines Gegenübers zu betrachten, wird oft im Kampf der Argumente nicht nur vergessen, sondern ist oftmals auch überaus lohnend. Selbstverständlich kann man nicht wissen, sondern nur erahnen, was der Gesprächspartner denkt und fühlt. Trotzdem kann dieser mentale Positionswechsel – bewusst eingesetzt – zu einem besseren Verständnis für die Argumente des Gesprächspartnern führen und neue Blickwinkel eröffnen. Dies ist dann die zweite Position.

Darüber hinaus gibt es noch eine dritte, interessante Wahrnehmungsposition, die neue Sichtweisen in scheinbar feststeckenden Gesprächen erlaubt: die Position des neutralen Beobachters.

Wie würde ein neutraler Beobachter, mit etwas Abstand zum Geschehen das Gespräch beurteilen? Wie wäre seine Meinung aus der Perspektive eines Ballonfahrers, von der anderen Seite der Erde oder gar als Astronaut? Welche wertvollen Hinweise würde er Ihnen und welche Ihrem Gesprächspartner geben? Die Bewertung eines Gesprächs aus dieser neutralen Position heraus, relativiert oftmals vieles, was vorher unumstößlich als Argument im Raum stand.

Der Wechsel der Perspektive von einer sehr persönlichen, meist emotionalen Ebene hin zu der – eventuell auch sehr emotionalen – Position des Gesprächspartners oder der des neutralen Beobachters erfordert anfangs ein bisschen Übung.

Sobald man jedoch die drei Wahrnehmungsposition verinnerlicht hat, bietet diese Methode Möglichkeiten, um alternative Sichtweisen und damit auch Handlungsalternativen in konfliktträchtigen Situationen zu erhalten. Bringen Sie daher gelegentlich wieder etwas Bewegung in festgefahrene Gespräche, indem Sie sich auch einmal gedacht in die Schuhe Ihres Gesprächspartners stellen, beziehungsweise die Situation aus der Sicht eines neutralen Beobachters wahrnehmen.